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Sinnesorgane der Schildkröte

Mit Hilfe der Sinnesorgane (Organa sensuum) ist der Körper in der Lage, äußere Reize aus der Umwelt aufzunehmen. Diese werden durch das jeweilige Sinnesorgan in elektrische Impulse umgewandelt und an das Gehirn weitergeleitet, wo sie schließlich verarbeitet und bewusst werden.

Augen (visuelle Wahrnehmung)

Mit Hilfe der Augen nehmen Schildkröten ausgesandte oder reflektierte Lichtstrahlen auf. Da sich die Augen seitlich im Kopf befinden, ist ihnen fast ein Rundumblick möglich. Ihr Sehvermögen ist vorwiegend auf weites Sehen eingestellt. Daher können sie besonders leuchtende Farben (besonders Rottöne) selbst aus großer Entfernung ausmachen. Gesunde Augen sind bei Schildkröten feucht-glänzend und klar bzw. nicht getrübt.

Aufbau des Schildkröten-Auges

Querschnitt des Schildkrötenauges. (C) Dominik Müller

Querschnitt des Schildkrötenauges. (C) Dominik Müller

Sehvorgang

Lichtstrahlen gelangen durch die Hornhaut (Cornea) und die Pupille, welche die kreisförmige Öffnung der bei Landschildkröten dunkel gefärbten Regenbogenhaut (Iris) darstellt, in das Auge. Durch die Muskelfasern der Iris kann die Pupille vergrößert und verkleinert werden. Dieser Vorgang, der das Auge an die Umgebung anpasst, nennt man Adaptation. Hinter der Iris ist die elastische Augenlinse an Bändern aufgehängt. Die Linsenbänder verlaufen zum ringförmigen Ziliarmuskel. Die ins Augeninnere eingedrungenen Strahlen werden spiegelverkehrt auf der Netzhaut abgebildet. Die auf der Netzhaut verteilten Zäpfchen und Stäbchen sind Rezeptoren für das Sehvermögen. Die Zäpfchen sind für die farbige Wahrnehmung zuständig, die Stäbchen lediglich für weißes Licht bzw. das Sehen bei Nacht. Der sog. „gelbe Fleck“ ist der Punkt auf der Netzhaut, mit den meisten Sehzellen (hauptsächlich Zäpfchen). Er befindet sich in der Mitte der Netzhaut und ist für das schärfste Sehen bei Tag verantwortlich. Außen um diesen Fleck herum sitzen vermehrt Stäbchen, die für das Sehen bei Nacht zuständig sind. Denn durch eine weit geöffnete Pupille bei Dunkelheit, fallen die Lichtstrahlen auf eine große Fläche der Netzhaut. Bei Tag und eng gestellter Pupille hingegen, treffen die Strahlen nur in dem Bereich des gelben Flecks auf die Netzhaut. Über den Sehnerv werden die Impulse an das Gehirn weitergeleitet.

Ohren (akustische und vestibuläre Wahrnehmung)

Über das Ohr werden Schallwellen aufgenommen und in Bewegung umgewandelt, welche wiederum als Nervenimpulse in Richtung Gehirn gesendet werden. Das Ohr dient der Wahrnehmung von Geräuschen (Hörorgan) und Bewegungen/Vibrationen (Gleichgewichtsorgan).

Aufbau des Schildkröten-Ohres

Seitliche Kopfaufnahme einer Griechischen Landschildkröte (Testudo hermanni boettgeri). (C) Dominik Müller

Seitliche Kopfaufnahme einer Griechischen Landschildkröte (Testudo hermanni boettgeri). (C) Dominik Müller

Da den Schildkröten der äußere Gehörgang gänzlich fehlt, können Sie die ausgesandten Schallwellen nur bedingt wahrnehmen. Von der äußeren ledrigen Membran, mit dem das Innenohr schützend überzogen ist, werden vorwiegend tiefe Töne und Vibrationen weitergeleitet.

Das Innenohr besteht aus der Gehörschnecke, in der der Schall in Nervenimpulse umgesetzt wird, und dem Labyrinth (Bogengänge) welches als Gleichgewichtsorgan dient. Gehörschnecke und Labyrinth sind ähnlich gebaut. Beide sind mit einer Flüssigkeit, der sogenannten Endolymphe gefüllt. Feine Härchen, die in diese Flüssigkeit ragen, werden durch Bewegung stimuliert und lösen Nervenimpulse aus, die schließlich an das Gehirn weitergeleitet und verarbeitet werden.

Nase (olfaktorische Wahrnehmung)

Frontalaufnahme des Kopfes einer Köhlerschildkröte (Chelonoidis carbonarius)

Frontalaufnahme des Kopfes einer Köhlerschildkröte (Chelonoidis carbonarius)

Die Nasenlöcher der Schildkröten sind im gesunden Zustand kreisrund, frei und trocken.

Der Geruchssinn stellt den komplexesten chemischen Sinn dar. Von uns selbst wissen wir, dass sich Geruch und Geschmack gegenseitig beeinflussen, d. h. wir schmecken nur zu 100 %, wenn unser Geruchssinn ebenfalls funktioniert.

Die Nase dient vor allem dem Aufspüren nahrhafter Leckerbissen und Partnern. (C) Dominik Müller

Die Nase dient vor allem dem Aufspüren nahrhafter Leckerbissen und Partnern. (C) Dominik Müller

Aufbau der Nase

Darstellung des Luftweges innerhalb der vorderen Atemwege. (C) Dominik Müller

Darstellung des Luftweges innerhalb der vorderen Atemwege. (C) Dominik Müller

Die für den Geruchssinn verantwortlichen Rezeptoren sitzen im Innern der Nase. Landschildkröten verfügen über keine Nasenflügel, die Luft strömt direkt über die zwei Nasenlöcher, welche mittig zwischen den Augen liegen, in die Nasenhöhle. Die weiter oben und weiter im Innern liegenden Nasenmuscheln beherbergen das eigentliche Riechorgan. Duftspezifische Sinneszellen reagieren auf die einzelnen Duftmoleküle und leiten die Signale über den Riechnerv zum Gehirn.

Zunge (gustatorische Wahrnehmung)

Chemische Sinnesreize werden mit Hilfe der sog. Knospen der Zungenpapillen aufgenommen, die den Geschmack vermitteln. Diese Geschmacksrezeptoren befinden sich auf der Oberseite der Zunge.

Schnappschuss einer Griechischen Landschildkröte (Testudo hermanni boettgeri). (C) Dominik Müller

Schnappschuss einer Griechischen Landschildkröte (Testudo hermanni boettgeri). (C) Dominik Müller

Die Wissenschaft unterteilt folgende Geschmäcker, wobei noch nicht ganz klar ist, welche Geschmäcker Reptilien unterscheiden können:

  • Süß, ausgelöst durch Kohlenhydrate oder Süßstoffe
  • Salzig, ausgelöst durch mineralische Verbindungen, wie Speisesalz
  • Sauer, ausgelöst durch niedrige pH-Werte (Säuren)
  • Bitter, ausgelöst durch Bitterstoffe
  • Umami, ausgelöst durch Glutaminsäure

Haut (haptische Wahrnehmung)

Maurische Landschildkröten (Testudo graeca) beim Sonnenbaden im Frühbeet. (C) Dominik Müller

Maurische Landschildkröten (Testudo graeca) beim Sonnenbaden im Frühbeet. (C) Dominik Müller

Darunter versteht man die Wahrnehmung von Druck, Berührung, Vibration, Schmerz und Temperatur über die Haut.

Bei der Suche nach einem geeigneten Eiablageplatz wird bspw. auch der Kopf auf die Erde gelegt, um die Temperatur der Erde zu überprüfen.

Eigenschaften der Schildkröten-Haut

Im Vergleich zu anderen Tierarten ist die Haut der Reptilien drüsenarm und trocken. Die obere Hautschicht (Stratum corneum) ist stark verhornt und beschuppt.

"Fetzenweise" Häutung einer Maurischen Landschildkröte (Testudo graeca). (C) Dominik Müller

„Fetzenweise“ Häutung einer Maurischen Landschildkröte (Testudo graeca). (C) Dominik Müller

Da sie nicht mitwachsen kann, wird sie regelmäßig abgestoßen und durch neue Haut ersetzt. In der Keimschicht der Haut (Stratum germinativum) werden neue Hautzellen ausgebildet, welche die Zellen der Hornschicht später ersetzen. Dieser regelmäßige Komplettaustausch der Haut wird als Häutung (Ecdysis) bezeichnet. Direkt unterhalb der Hornschuppen befindet sich eine Fettschicht (Lipidschicht), welche einen größeren Wasserverlust verhindert.