Erkrankungen der hinteren Atemwege (Bronchien und Lunge) sind oftmals Folge vorausgegangener Infektionen der vorderen Atemwege bzw. chronischer und/oder unheilbarer Erkrankungen.
Das Atmungssystem der Schildkröte ist aus anatomischer Sicht relativ anfällig für Erkrankungen. Die Luftröhre ist lang und die Lungen sehr großflächig in viele hunderte kleiner Kammern aufgeteilt. Dadurch können sich einmal eingenistete Erreger schnell und massenhaft wie in einem Brustkasten vermehren. Erschwerend hinzu kommt noch, dass Schildkröten nicht dazu befähigt sind, anfallende Sekrete abzuhusten, da sie das dafür benötigte Zwerchfell nicht besitzen. Die Folge ist eine schwere Lungenentzündung (Pneumonie) mit oft tödlichem Ausgang.
Symptome (Krankheitsbild)
- Atemgeräusche (ungewöhnliche Zisch-/Pfeifgeräusche)
- erschwerte Atmung (mit geöffnetem Maul)
- Nasenausfluss (wässrig bis eitrig)
- geschwächtes Allgemeinbefinden bis Apathie
- Inappetenz durch behinderten Riechsinn
- Schwellung der Augenlider (oft Begleitsymptom)
- Schräglage beim Schwimmen (bei Wasserschildkröten)
Diagnose (Feststellung)
Wie bereits bei den Erkrankungen der vorderen Atemwege beschrieben, kann anhand der vorliegenden Symptomatik schnell die Diagnose einer Atemwegsinfektion gestellt werden. Zum Nachweis der jeweiligen Erreger haben sich Nasenspülproben bewährt. Dabei wird das Maul der Schildkröte zugehalten und die Nase mit Kochsalzlösung gespült und die Probe wieder mit einer Spritze aspiriert (aufgesogen). Die gewonnene Probe wird anschließend auf bakterielle und virale Erreger untersucht. Bei den meisten Atemwegsinfektionen stellen Mykoplasmen die Haupterreger dar. Dabei ist jedoch zu erwähnen, dass es Arten gibt, die besonders empfindlich auf Mykoplasmen reagieren (z. B. Maurische Landschildkröten, Breitrandschildkröten und tropische Arten) und solche bei denen eine Mykoplasmeninfektion nur selten Symptome verursacht (z. B. Griechische Landschildkröten).
Neben Mykoplasmen spielen auch virale Infektionen eine nicht unerhebliche Rolle bei Erkrankungen der Atemwege. So äußern sich besonders Infektionen durch Ranaviren und Herpesviren ebenfalls mit einem ähnlichem Krankheitsbild. Meist liegen hier jedoch noch weitere Symptome, wie Schleimhautentzündungen (Stomatitis) und Beläge im Maul- und Zungenbereich, vor.
Der Tierarzt sollte zur Abklärung der Schwere der Infektionen eine Röntgenaufnahme mit craniocaudalem Strahlengang (also von vorne nach hinten) anfertigen. Anhand des Röntgenbildes lässt sich feststellen, ob und in welchem Ausmaß die Lunge von der Infektion betroffen ist (meist ist eine einseitige Verschattung erkennbar).
Therapie (Behandlung)
Neben der Optimierung der Haltung, sollte das betroffene Tier zunächst in Einzelhaltung untergebracht werden, um Ansteckungen anderer Gruppenmitglieder zu vermeiden.
Bei schwereren Erkrankungen sollte das Tier nach Erregernachweis mit den entsprechenden Medikamenten behandelt und dabei in Quarantäne auf Zeitungspapier gehalten werden. Die Temperaturen und UVB-Strahlungsintensität sollten während der Behandlung sommerlich hoch sein.
Bei Erkrankungen mit hochgradigem Erguss der Lunge bzw. massiven Sekretansammlungen, kann eine Panzerosteotomie nötig werden. Dabei wird der Schildkröten in einer Operation in Narkose unter sterilen Bedingungen ein kleines Loch in den Rückenpanzer gebohrt, welches dem Tierarzt einen Zugang zum betroffenen Lungengewebe ermöglicht. Auf diesem Weg können Sekrete bis zur Ausheilung mit einer Spritze abgezogen und ggf. noch Medikamente direkt über den Zugang lokal verabreicht werden.
Ätiologie (Ursache)
- geschwächtes Immunsystem
- durch falsche Haltung
- durch zu wenig Platz
- durch falsche Gruppenzusammenstellung
- durch andere Stressfaktoren
- Infektionen
- Ansteckung mit Viren
- Ansteckung mit Bakterien
- Ansteckung mit Pilzen (selten)
Prophylaxe (Vorbeugung)
- artgerechte Haltung und Ernährung
- Quarantänezeit bei Neuzugängen strikt einhalten
- nur gleiche Arten zusammen halten
- ausreichendes Platzangebot
Prognose (Aussicht auf Heilung)
Leichte Infekte sind meist wieder rasch zu bewältigen. Erfahrungsgemäß sind jedoch Landschildkröten, die bereits schon einmal an einer Erkrankung der Atemwege gelitten haben, auch in Zukunft anfälliger als andere Tiere. Infektionen durch Mykoplasmen sind bei empfindlichen Arten leider immer wieder dafür verantwortlich, dass Infektionen nicht gänzlich ausheilen.
Bei Vorliegen einer Herpesvirose kann ein Therapieversuch mit den entsprechenden antiviralen Medikamenten gestartet werden. Oftmals können die Tiere bei optimaler Haltung (nach Behandlung und Besserung der Smyptome) ein fast sorgenfries Leben führen. Bei einer deutlichen Verschlimmerung des Zustandes (ständige Atemnot, keine Nahrungsaufnahme mehr, apathischer Zustand), sollte aber auch über das Einschläfern des betroffenen Tieres nachgedacht werden.
Übertragung (Ansteckungsgefahr)
Erkrankungen der oberen Atemwege sind für andere Schildkröten ansteckend, nicht aber für den Menschen. Das Herpesvirus der Schildkröte ist für andere Schildkröten äußerst ansteckend, jedoch keinesfalls ansteckend für den Menschen.