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Fortpflanzung von Landschildkröten

Männliche Exemplare halten schon früh morgens Ausschau nach einer geeigneten Partnerin und verfolgen jede Duftspur hastig. Dieses „Aufspüren“ kann selbst über viele Kilometer stattfinden, denn Schildkröten haben einen sehr gut ausgeprägten Geruchssinn und können sich selbst über diese große Entfernungen wittern.

Balzverhalten – Werben um den Partner

Männchen der Griechischen Landschildkröte (Testudo hermanni boettgeri) beschnuppert ein ebenso griechisches Weibchen, Foto Dominik Müller

Bevor es zum eigentlichen Fortpflanzungsgeschehen kommt, prüfen Landschildkröten (u. a. indem sie sich ausgiebig beschnuppern, siehe oben) ob es sich um einen geeigneten Partner handelt. Gehört das Gegenüber einer anderen Art an, wird es im Normalfall als nicht geeignet angesehen und nicht weiter beachtet.

Dies ist in vielen Biotopen zu beobachten, in denen sich die Verbreitungsgebiete zweier oder mehrerer Arten überschneiden. W. Wegehaupt, der durch seine hervorragenden feldherpetologischen Arbeiten bekannt ist, konnte dies ebenfalls bei den auf Sardinien heimischen Arten bestätigen.

Dies heißt aber nicht automatisch, dass wir bei der Haltung beliebig viele Arten und Unterarten zusammenwürfeln können, sondern lediglich, dass diese ähnliche Ansprüche an ihre Umgebung stellen und deshalb auch gemeinsam in einem Habitat vorkommen können. Nach Wegehaupt findet bei mediterranen Landschildkröten während des Heranwachsen eine Prägung auf die eigene Art statt, mit der die heranwachsenden Schildkröten später wissen, mit welcher Art sie sich vermehren können und mit welcher nicht. Wachsen allerdings Jungtiere verschiedener Arten miteinander auf, so kann es zu Fehlprägungen kommen, d. h. die Tiere wissen später nicht, welche Art als Partner geeignet ist und welche nicht bzw. sehen auch andere Arten als geeignet an und versuchen sich mit diesen zu paaren.

Auch das Beißen ist fester Bestandteil des Balzverhaltens der Griechischen Landschildkröte (Testudo hermanni boettgeri). Foto: Dominik Müller

Auch das Beißen ist fester Bestandteil des Balzverhaltens der Griechischen Landschildkröte (Testudo hermanni boettgeri). Foto: Dominik Müller

Nachdem das Männchen die Partnerin als geeignet empfunden hat, beginnt es damit, Versuche zu unternehmen, die das Weibchen zum Stehenbleiben bewegen sollen. Männliche Exemplare von Testudo graeca führen die Balz mit katapultartigen Rammstößen aus. Männchen von Testudo hermanni hingegen mit Bissen in die Extremitäten. Bei Testudo marginata sind beide Varianten üblich.

Wenn das Weibchen zum Stehen gebracht wurde, rennt das Männchen hastig nach hinten um aufzusteigen. Doch ein gesundes und agiles Weibchen lässt dies nicht schon beim ersten Mal zu, sondern versucht immer wieder zu flüchten oder das Männchen auf den Rücken zu werfen. Das Spielchen wiederholt sich somit unzählige Male bis das Weibchen paarungswillig ist und ruhig verweilt.

Paarung / Kopulation

Während der Paarung gibt das Männchen, mit weit aufgerissenem Maul Laute von sich, die man (je nach Art) einem Pipsgeräusch, Pfeifgeräusch oder Stöhngeräusch zuordnen kann, welches vermutlich durch das ruckartige Auspressen der Luft zustande kommt.

Die eigentliche Kopulation findet erst nach einigen „Trockenübungen“ statt. Dabei hält sich das Männchen mit seinem langen und kräftigen Schwanznagel unter dem Panzerrand des Weibchens fest, hebt den Panzer des Weibchens leicht an und beginnt mit den Paarungsstößen.

Der konkav geformte Bauchpanzer des Männchens sorgt dafür, dass er nicht abrutscht. Doch nur wenn das Weibchen paarungswillig ist, kann die Kopulation erfolgreich verlaufen, denn zum Einen muss das Weibchen den Kopf einziehen, um den Analbereich herauszustrecken und zum anderen muss es den hinteren Teil des Panzer hochstämmen, damit das Männchen sein Geschlechtsteil einführen kann.

Nach erfolgreicher Kopulation ist der Kloakenbereich beider Geschlechtspartner mit einer schleimigen Flüssigkeit versehen.

Dominanzgehabe unter Jungtieren

Dominanzgehabe unter Jungtieren der Griechischen Landschildkröte. Foto: Dominik Müller

Dominanzgehabe unter Jungtieren der Griechischen Landschildkröte. Foto: Dominik Müller

Im Schildkröten-Forum wird häufig gefragt, ob das Aufreiten bei Jungtieren etwas über das Geschlecht des Tieres aussagt.

Sowohl weibliche als auch männliche Jungtiere führen untereinander kleinere Revierkämpfe und Rangeleien aus und reiten dabei auf andere Tiere auf. Es sagt also leider gar nichts über das Geschlecht des Tieres aus, sondern ist reines Dominanzgehabe.

Trächtigkeit und Ablage der Eier

Weibchen der Griechischen Landschildkröte (Testudo hermanni boettgeri) beim Ausheben der Eigrube. Foto: Dominik Müller

Weibchen der Griechischen Landschildkröte (Testudo hermanni boettgeri) beim Ausheben der Eigrube. Foto: Dominik Müller

Wie unter Voraussetzungen bereits geschrieben wurde, findet diese bei uns auf sogenannten Eiablagehügeln statt, die sehr gerne von den Weibchen angenommen werden.

Kurz vor der Ablage sind die meisten Weibchen unruhig und fressen auch weniger als zuvor. Bei unseren Weibchen kann man anhand einer Gewichtszunahme von 120 bis 150 g sagen, dass sie trächtig sind und in absehbarer Zeit ihr Gelege absetzen werden.

Wenn ein Weibchen legebereit ist, sucht es meist über mehrere Tage nach einer geeigneten Stelle und untersucht die Temperatur und Luftfeuchtigkeit durch schnelles Ein- uns Ausatmen der Luft und Auflegen des Kopfes. Die Bodenbeschaffenheit wird durch Probegrabungen überprüft und entweder für geeignet oder ungeeignet empfunden -> dann wird weiter gesucht.

Nachdem das Weibchen eine geeignete Stelle gefunden hat, krallt es sich mit den Vorderbeinen in der Erde fest, um sich so Halt zu verschaffen.

Anschließend fängt es mit dem Ausheben der Grube an, indem es mit den Hinterbeinen die Erde von innen nach außen wegschaufelt. Dieser Vorgang kann 1 bis 3 Stunden dauern, denn erst wenn das Weibchen mit den Hinterbeinen keine Erde mehr berührt, beginnt es mit dem Auspressen der Eier.

Die Eier werden in einem Abstand von 2 bis 3 Minuten gelegt. Bei jedem Pressvorgang zieht das Weibchen zur Unterstützung den Kopf vollständig in den Panzer ein.

Ist ein Ei gelegt, wird es so tief wie möglich in die Grube geschoben, damit die noch folgenden Eier nicht darauf fallen und für diese noch genügend Platz vorhanden ist.

Es ist äußerst wichtig, dass Weibchen bei einem Legevorgang nicht von anderen Tiere oder Ihnen gestört werden, denn dies kann zum Abbruch der Legetätigkeit führen! Die mögliche Folge -> eine Legenot, sodass das Weibchen die Eier nicht mehr selbstständig ablegt. Auch das Fehlen eines geeigneten Ablageplatzes kann eine Legenot auslösen – siehe dazu auch „Krankheiten„!

Nach dem Legevorgang wird die Grube wieder sorgfältig verschlossen (Dauer: ca. 30 Minuten) und ein letzter kritischer Blick auf die vollbrachte Arbeit geworfen 🙂

Das Ausheben der Grube, das Auspressen der Eier und das Verschließen der Eigrube, ist für ein Weibchen sehr anstrengend und kräfteraubend – da ist es nicht verwunderlich, wenn sie nach der Ablage geschwächt und wackelig auf den Beinen sind.

Viele Halter wissen noch immer nicht, dass auch Weibchen, die keinen Kontakt zu einem Männchen haben, trächtig werden und Eier ablegen. Das heißt also, dass alle adulten Weibchen Eier legen, egal ob befruchtet oder unbefruchtet.

Bergung des Geleges

Wenn sich das Weibchen nach dem Verschließen der Grube entfernt hat, wird diese wieder vorsichtig mit den Händen geöffnet. Das Gelege wird Ei für Ei geborgen und mit etwas Wasser gesäubert. Anschließend werden die Eier in einem mit Sand gefüllten Schälchen leicht versenkt und in den Inkubator überführt. Die Lage der Eier wird mit einem weichen Bleistift markiert, denn die Eier dürfen nur direkt nach der Ablage gedreht werden, keinesfalls aber während der Inkubation, da es sonst zum Absterben des Embryos kommt!