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Die Breitrandschildkröte
Testudo marginata

Breitrandschildkröte (Testudo marginata) im natürlichen Habitat in Griechenland

Breitrandschildkröte (Testudo marginata) im natürlichen Habitat in Griechenland © sirylok – http://www.fotolia.com

Die Breitrandschildkröte ist mit bis zu über 30 cm Panzerlänge die größte Landschildkröte Europas. Sie ist die einzige Art unter den Testudo-Arten, bei der die männlichen Exemplare meist größer als die weiblichen Tiere werden. Ihr Vorkommen erstreckt sich über Teile Italiens, Inseln des Mittelmeers (v. a. Sardinien), die südlichen Balkan-Halbinseln (dort hauptsächlich Griechenland) sowie auf mehrere Inseln im Ägäischen Meer. Die italienischen Populationen gelten jedoch als vom Menschen eingeschleppt.

Die deutsche Bezeichnung „Breitrandschildkröte“, geht auf die verbreiterten hinteren Randschilde (Marginalia) zurück.

Wissenschaftliche Einordnung (Taxonomie)

Klasse: Reptilia (Reptilien)
Ordnung: Testudines (Schildkröten)
Unterordnung: Cryptodira (Halsberger)
Familie: Testudinidae (Landschildkröten)
Gattung: Testudo (Paläarktische Landschildkröten)
Die Erstbeschreibung dieser Art erfolgte 1792 durch Johann David Schoepf.

Aussehen und Merkmale (Habitus)

Rückenpanzer (Carapax)

Testudo marginata (Breitrandschildkröte) bei der Paarung

Testudo marginata (Breitrandschildkröte) bei der Paarung © Lelde J-R – http://www.fotolia.com

Der Rückenpanzer (Carapax) der Breitrandschildkröte ist langgestreckt, nur mäßighoch gewölbt und weist seitlich gesehen eine halb-ovale Form auf.

Männliche Breitrandschildkröte (Testudo marginata) von oben

Männliche Breitrandschildkröte (Testudo marginata) von oben

Die Form des Panzers erinnert von oben gesehen an die Form eines Feuerwehrhelms. In der Mitte befindet sich eine deutliche Verengung (Taillierung). Die hinteren Marginalia sind stark nach außen aufgebogen und oft (besonders bei Männchen) gezahnt. Im Bereich des langgezogenen und schmalen Nackenschildes (Cervicale) befindet sich eine mäßige Einbuchtung. Die trapezförmigen Wirbelschilde (Vertebralia) sind, wie bei der Maurischen Landschildkröte (Testudo graeca) ebenfalls seitwärts (lateral) verbreitert.

 Breitrandschildkröte (Testudo marginata) zwischen verschiedenen Buschpflanen

Breitrandschildkröte (Testudo marginata) zwischen verschiedenen Buschpflanen

Das Schwanzschild (Supracaudale) ist stets ungeteilt.

Weibliche Breitrandschildkröte (Testudo marginata) im natürlichen Lebensraum

Weibliche Breitrandschildkröte (Testudo marginata) im natürlichen Lebensraum

Die Grundfärbung des Panzers geht bei der Breitrandschildkröte ins sand-, ocker- oder hornfarbene. Auf den einzelnen Schilden befinden sich kräftige, braun bis schwarze Zeichnungen, die im Laufe der Alterung stetig an Größe und Intensität gewinnen.

Männliche Breitrandschildkröte (Testudo marginata) im natürlichen Lebensraum auf Sardinien

Männliche Breitrandschildkröte (Testudo marginata) im natürlichen Lebensraum auf Sardinien

Bei älteren Exemplaren bleibt je Schild lediglich ein kleiner, grundfarbener Fleck zurück, so wie bei diesem sehr schönen, männlichen Tier auf Sardinien.

Bauchpanzer (Plastron)

Der Bauchpanzer ist im Verhältnis zum Rückenpanzer (Carapax) kleinflächiger ausgebildet (besonders bei Männchen).

Geschlechtsunterschiede bei der Breitrandschildkröte (Testudo marginata)

Geschlechtsunterschiede bei der Breitrandschildkröte (Testudo marginata)

Auf dem ocker- bis hornfarbenen Plastron befindet je Schild eine schwarze, schwanzwärts (kaudal) gerichtete Dreieckszeichnung. Die Kehlschilde (Gularia) sind in der Regel frei von Zeichnungen. Der hintere Bauchpanzerlappen ist ab den Schenkelschilden (Femoralia) mit einem schwach beweglichen Scharnier ausgestattet.

Kopf (Caput)

Breitrandschildkröte (Testudo marginata) beim Verzehren einer Löwenzahnblüte

Breitrandschildkröte (Testudo marginata) beim Verzehren einer Löwenzahnblüte

Der Kopf der Breitrandschildkröten weist von oben gesehen eine ellipsenähnliche Form auf. Die Nase steht dabei etwas hervor.

Kopfportrait einer Breitrandschildkröte (Testudo marginata)

Kopfportrait einer Breitrandschildkröte (Testudo marginata)

Die Kopf weist eine ockerfarbene bis schwarze Färbung auf und trägt bei jüngeren Exemplaren hell gefärbte Schuppen über der Nase.

Vordergliedmaßen

Die vorderen Gliedmaßen sind kräftig ausgebildet und mit mittelgroßen bis großen Hornschuppen besetzt. Diese enthalten in der Regel die gleichen Färbungen wie die, des Panzers. D. h. sand- bis ockerfarbene Hornschuppen sind ebenso vorhanden wie braun-schwarze.

Testudo marginata besitzt an den Vordergliedmaßen fünf Krallen, wobei die sog. Daumenkralle oft nur rudimentär ausgebildet ist oder gänzlich fehlt.

Hintergliedmaßen

Der typische Hinterfußsporn der Breitrandschildkröte (Testudo marginata)

Der typische Hinterfußsporn der Breitrandschildkröte (Testudo marginata)

Wie bei allen an landlebenden Schildkröten ähneln auch die Hintergliedmaßen der Breitrandschildkröte anatomisch und augenscheinlich den Gliedmaßen der Elefanten. Sie sind eher plump aber dennoch feinfühlig (subtil).

Die Unterseite des Hinterfußes ist mit regelrechten Spornen versehen, welche nach hinten abstehen. Der Bereich zwischen Oberschenkel und Schwanzansatz ist mit vergrößerten Schuppen bedeckt, jedoch trägt die Breitrandschildkröte keine Hornkegel, wie sie bei Testudo graeca zu finden sind.

An den Hintergliedmaßen besitzt die Breitrandschildkröte vier Krallen.

Schwanz (Cauda)

Schwanzbereich einer Breitrandschildkröte (Testudo marginata)

Schwanzbereich einer Breitrandschildkröte (Testudo marginata)

Der Schwanz der Testudo marginata ist eher unscheinbar und klein. Er weist auch keinen verhornten Fortsatz am Schwanzende auf.

Der typische Schwanzstreifen der Breitrandschildkröte (Testudo marginata)

Der typische Schwanzstreifen der Breitrandschildkröte (Testudo marginata)

Auffällig und einzigartig ist jedoch der schwarze Streifen auf der Hinterseite des Schwanzes.

Jungtiere

Junge Breitrandschildkröte (Testudo marginata) im natürlichen Lebensraum auf Sardinien

Junge Breitrandschildkröte (Testudo marginata) im natürlichen Lebensraum auf Sardinien

Jungtiere sind im Allgemeinen heller gefärbt als adulte Exemplare; die dunklen Zeichnungen beschränken sich noch auf den vorderen (kranialen) Bereich der Schilde. Die hintere, obere Ecke der Rippenschilde (Costalia) ist noch frei von dunklen Zeichnungen.

Unterscheidung der Geschlechter (Sexualdimorphismus)

Weibchen

Mediterrane Landschildkröten
Abb. 3.1 Geschlechtsunterschiede bei der Breitrandschildkröte (Testudo marginata), Weibchen rechts

Eben geformter bis leicht nach innen gewölbter (konkaver) Bauchpanzer.

Afterschilde (Analia) etwa genauso breit wie lang; kurzer Schwanz; Kloakenöffnung eher körpernah und kreisrund.

Weibliche Breitrandschildkröte (Testudo marginata) im natürlichen Lebensraum

Weibliche Breitrandschildkröte (Testudo marginata) im natürlichen Lebensraum

Meist kleiner als die Männchen; Panzer eher tonnenförmig

Breitrandschildkröten (Testudo marginata), Rückenansicht

Breitrandschildkröten (Testudo marginata), Rückenansicht

Von oben gesehen: nur leicht tailliert und nach hinten (caudal) ausladend

Männchen

Mediterrane Landschildkröten
Abb. 3.1 Geschlechtsunterschiede bei der Breitrandschildkröte (Testudo marginata), Weibchen rechts

Deutlich nach innen gewölbter (konkaver) Bauchpanzer (Plastron)

Afterschilde breitgezogen und schmaler; längerer Schwanz; Kloakenöffnung eher körperfern und schlitzförmig.

Breitrandschildkröten (Testudo marginata), Rückenansicht

Breitrandschildkröten (Testudo marginata), Rückenansicht

Meist größer als die Weibchen; Panzer stark tailliert und hinten aufgewölbt.

Wissenswertes

Verbreitung

Natürliches Vorkommen der Breitrandschildkröte (Testudo marginata). (C) Dominik Müller

Natürliches Vorkommen der Breitrandschildkröte (Testudo marginata). (C) Dominik Müller

Das natürliche Vorkommen der Breitrandschildkröte ist das südliche Griechenland vom Peloponnes bis zum Olymp und das angrenzende südliche Albanien. Daneben gibt es kleine, inselartige Vorkommen auf den Ägäischen Inseln. In einigen Regionen Italiens ist die Breitrandschildkröte eingebürgert. Dazu zählen die Vorkommen im Nordosten von Sardinien und eine isolierte Population in der Toskana.

Natürliche Lebensweise im Habitat

Die Breitrandschildkröte ist in gebirgigen Lebensräumen beheimatet. Sie kommt in Höhen von bis zu 1600 Metern vor. Den Tieren kommt die dunkle Färbung des Rückenpanzers zugute, die ihnen in kurzer Zeit die Absorption von viel Wärme ermöglicht, um so auf die notwendige Körpertemperatur zu kommen. Die ziemlich helle Unterseite verhindert wiederum die Wärmeabstrahlung auf dem kalten Erdreich. Gleichzeitig kann der massereiche Körper die Wärme lange speichern. Hauptnahrung sind die Pflanzen auf den Wiesen ihrer mediterranen Heimat. Am frühen Vormittag verlassen sie ihren nächtlichen Unterschlupf und lassen sich zuerst von der Sonne erwärmen. Danach suchen sie ihre Fressplätze auf. Grundsätzlich sind die Tiere Pflanzenfresser, tierisches Eiweiß wird insbesondere bei Nahrungsmangel jedoch auch nicht verschmäht, das gilt vor allem für Jungtiere und trächtige Weibchen. So werden hin und wieder auch Regenwürmer und Schnecken aufgenommen, was jedoch keinesfalls bedeutet, dass wir unsere mediterranen Landschildkröten mit Fleisch ernähren sollten! Die heiße Mittagszeit verbringen sie in ihren Verstecken, die sie meist erst wieder in den späten Nachmittagstunden verlassen.

Allgemeines

WA-Status:
Washingtoner Artenschutz-übereinkommen
Anhang II (durch den internationalen
Handel stark gefährdete Arten)
EU-Anhang:
EG-Verordnung 338/97
Anhang A (vom Aussterben
bedrohte Arten)
Terra typica:
Fundort des Exemplars, welches der Erstbeschreibung diente.
?
Holotypus:
Einzelnes Exemplar, auf dem die Beschreibung der Art basiert.
?
Namensherkunft:
Testudo marginata: wg. der
ausladenden/breiten Randschilde
(Marginalia)
Ernährung:
pflanzlich (herbivor)
Lebenserwartung:
ca. 60-80 Jahre (Habitat)
>/= 100 Jahre (Gefangenschaft)
Habitat:
steinige Hügellandschaften in
Verbindung mit Macchia
Temperatur (max.):
40° C
Temperatur (min.):
4° C

Fortpflanzung

Hauptpaarungszeit:
Frühling (Februar-April)
Gelegeanzahl:
1-3 pro Jahr
Gelegegröße:
3-11 Eier pro Gelege
Dauer der Eiablage:
insg. 60-90 min
Form der Eier:
rund
Größe der Eier:
Gewicht der Eier:
Inkubationsdauer:

Winterstarre (Hibernation)

Temperatur:
5-6° C
Dauer:
3-4 Monate (je nach Herkunft)