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Ernährung von Landschildkröten

Leider werden auch zur heutigen Zeit noch viele Landschildkröten falsch ernährt, was dazu führt, dass sie erkranken und nur wenige Jahre alt werden.

Europäische Landschildkröten sind Pflanzenfresser!

Um Ihnen zu verdeutlichen, warum unsere Pfleglinge nur pflanzlich ernährt werden dürfen, möchten wir Ihnen zuerst einige grundlegende Informationen geben.

Wie man auf der obigen Abbildung erkennen kann, unterscheidet sich der Verdauungstrakt von Pflanzenfressern und Fleischfressern. Fleischfresser besitzen einen langen Dünndarm und einen kurzen Blind- und Dickdarm. Bei Pflanzenfressern, also auch unseren Landschildkröten, ist der Dünndarm verkürzt und der Blind- und Dickdarm verlängert.

Der Grund für diesen Unterschied wird deutlich, wenn wir uns den natürlichen Lebensraum unserer Landschildkröten vor Augen halten.

Der natürliche Lebensraum europäischer Landschildkröten ist mit einer spärlichen Vegetation überzogen, die in den Sommermonaten fast vollständig austrocknet. Europäische Landschildkröten kommen ausschließlich in diesen kargen und außerdem sehr kalksteinhaltigen Gebieten vor und sind dementsprechend auch an karges Futter angepasst. Das optimale Futter wächst also auf einer kargen, kalksteinhaltigen Wiese – und zwar Wildkräuter und Gräser!

Lediglich im Frühjahr und Herbst sprießt für wenige Wochen frisches Grün hervor und die Wiesen bieten den Schildkröten einige Blühpflanzen.

Nachdem das Futter über das Maul aufgenommen wurde, wird es mit Hilfe der Zunge weiterbefördert und gelangt über die Speiseröhre in den Magen (1). Im Magen angekommen, wird es mechanisch durch die muskulöse Magenwand zerkleinert. Durch die Salzsäure und ein eiweißabbauendes Enzym, Pepsin genannt, wird der Nahrungsbrei chemisch aufgespalten. Im Dünndarm (2) angekommen, wird es durch Bauchspeichel und den darin enthaltenen Enzymen weiter aufgespalten. Außerdem wird die alkalische Flüssigkeit neutralisiert, damit die Enzyme nicht an Wirksamkeit verlieren. Nebenbei fördert Gallensekret die Verdauung und Aufnahme von Fetten. Der Dünndarm ist hauptsächlich für tierische Proteine zuständig, weshalb er bei Landschildkröten, die sich nur pflanzlich ernähren, relativ kurz ausgeprägt ist. Im Blind- und Dickdarm (3) wird die pflanzliche Nahrung durch Mikroorganismen (Bakterien und Einzeller) verdaut und verwertet, weshalb dieser auch relativ lang ist. Über den Enddarm (4) und die Kloake werden schließlich die Exkremente ausgeschieden.

Wildkräuter und Gräser sind Hauptnahrung

Im natürlichen Lebensraum ernähren sich die Tiere von den verschiedensten Pflanzen, welche auch bei uns in Deutschland zu finden sind – nämlich von verschiedensten Wildkräutern und Gräsern.

Auswahl-Kriterien für Futterpflanzen:

  • Die Pflanzen dürfen nicht giftig oder gedüngt sein,
  • sie dürfen nicht vom Straßenrand gepflückt werden,
  • sie sollten möglichst proteinarm und kalorienarm sein,
  • sie sollten aber viele Ballaststoffe, Vitamine und Kalzium enthalten
  • das Verhältnis von Kalzium und Phosphor sollte mind. 2:1 betragen (Kalzium muss also überwiegen!)
  • füttern Sie abwechslungsreich, also nicht immer die gleichen Pflanzen

Hier einige geeignete Futterpflanzen:
Aloe, Brennnessel, Große, Bärenlauch, Mariendistel, echter Eibisch, Gänseblümchen, Gänsefingerkraut, gemeiner Frauenmantel, Himbeerblätter, Weissklee, große Klette, Klettenlabkraut, echtes Lungenkraut, Löwenzahn, wilde Malve, gemeine Nachtkerze, Schafgarbe, Stiefmütterchen, Taubnessel, Vogelmiere, Breitwegerich, Spitzwegerich, gewöhnliche Wegwarte, schmalblättriges Weidenröschen.

http://www.schildifutter.de – weitere und ausführlichere Futterpflanzentipps

http://www.samenkiste.de – Samenmischungen für’s Freigehege

Häufige Fehler bei der Fütterung von Frischfutter

  • Es werden bevorzugt proteinreiche und kalorienreiche Pflanzen wie Klee, Löwenzahn, Malven etc. verfüttert,
  • die Pflanzen sind zu calciumarm. Am besten den Boden im Freigehege im Spätherbst mit Kalksteinbruch oder [amazon_textlink asin=’B00BPBRZYC‘ text=’Dolomitkalk‘ template=’ProductLink‘ store=’mediterraland-21′ marketplace=’DE‘ link_id=’c0f39ed9-3b4a-11e8-b6df-07b786e67641′] aufkalken. Kein Brandkalk verwenden – dieser ist ätzend!!!!
  • es werden nur junge Pflanzen bevorzugt. Diese enthalten aber zu wenig Ballaststoffe und zu viel Eiweiß.

Kräuterheu ist das optimale Beifutter

Selbst hergestelltes Kräuterheu aus Wildkräutern

Selbst hergestelltes Kräuterheu aus Wildkräutern

Trocknung einiger Löwenzahnbüschel

Trocknung einiger Löwenzahnbüschel

Heu (aus Gräsern und Kräutern) ist ein wichtiger Bestandteil einer artgerechten Ernährung, denn dieses steht den Tieren im Biotop immer und überall zur Verfügung, sodass sie davon täglich etwas aufnehmen. Es ist sehr ballaststoffreich und daher wichtig für die Verdauung – es „reinigt“ den Verdauungstrakt auf natürliche Weise und hält einen potenziellen Parasitenbefall in Grenzen.

Weil diese getrockneten Gräser und Kräuter so wichtig sind, trocknen wir diese ab dem Frühling selber. Dazu pflücken wir die ausgesuchten Pflanzen und breiten sie an einem trockenen und warmen, bis heißen Platz aus (in unserem Fall ist dieser Platz ein kleines Gerätehaus). Nach ein paar Tagen ist alles durchgetrocknet und lagerfertig. Die Aufbewahrung findet in einem Kopfkissenbezug statt, da es sehr wichtig ist, dass es stets trocken bleibt. Nur so ist gewährleistet, dass sich kein Schimmel bildet – in einem geschlossenen Behältnis würde es sehr schnell schimmeln.

Landschildkrötenfutter der Firma AGROBS hat sich in der Schildkrötenhaltung sehr gut bewährt.

Wer selber keine Kräuter und Gräser trocknen kann/will, hat alternativ die Möglichkeit auf [amazon_textlink asin=’B00OTHT6FU‘ text=’Heupellets der Firma AGROBS‘ template=’ProductLink‘ store=’mediterraland-21′ marketplace=’DE‘ link_id=’1fd85fb9-3b4b-11e8-80eb-070a9b7d0170′] (nur diese sind geeignet!) zurückzugreifen. Diese Heupellets bestehen (wie der Name schon sagt) nur aus Wiesenheu, aus dem Alpenvorland. In manchen Freigehegen, wächst allerdings ohnehin so viel Futter, das im Sommer auch von allein vertrocknet und den Tieren zur Verfügung steht.

Häufige Fehler bei der Fütterung von Heu/Agrobs

  • Es wird trocken angeboten und quillt beim Verzehr im Magen der Schildkröte auf und entzieht den Tieren Flüssigkeit,
  • es wird im feuchten Zustand zu lange (mehrere Tage) angeboten, sodass es anfängt zu schimmeln,
  • Schlüpflingen wird zu grobes Heu angeboten, was allerdings zu große und harte Stücke enthält. Für Schlüpflinge bitte [amazon_textlink asin=’B00OTH8DZE‘ text=’Agrobs PRE ALPIN Testudo Fibre‘ template=’ProductLink‘ store=’mediterraland-21′ marketplace=’DE‘ link_id=’7261acf2-3b4b-11e8-a326-2bd2c8cc9346′] verwenden.
  • Heu/Agrobs wird luftdicht gelagert und es können sich somit schneller Schimmelsporen bilden.

Wie häufig und in welchen Mengen sollten Landschildkröten gefüttert werden?

Hier gibt es oft die meisten Schwierigkeiten, denn europäische Landschildkröten kommen mit ca. einem Achtel der Nahrungsmenge aus, die im Vergleich dazu ein Säugetier benötigt. Dementsprechend kann man seine Schildkröten leicht überfüttern, was leider viele Halter unbewusst tun. Die Folge von „zu guter Fütterung“ ist in erster Linie ein viel zu schnelles Wachstum sowie Knochen- und Organprobleme, die folgend das Tier (oft dauerhaft) schädigen.

Wir füttern unsere Tiere wie folgt und konnten damit ein langsames und natürliches Wachstum feststellen:

  • Täglich frisch und ganztags zur Verfügung: Wiesenheu oder Agrobs
  • Alle 1-2 Tage über zwei Portionen verteilt: Frische Wildkräuter

Die Größe einer Portion kommt natürlich auf die Menge der Tiere an. Als Faustregel gilt jedoch, dass die Tiere nur soviel Futter bekommen sollten, wie sie innerhalb von 10 Minuten fressen können. Da gibt es natürlich auch einige „Schlingmäuler“ und „Wegrämpler“, die schneller und vor allem mehr fressen als anderen Tiere – solche „Schnellschlucker“ sollte man dann lieber seperat füttern.

Diese Faustregeln gelten allerdings nicht in solchen Freigehegen, in denen genügend Futterpflanzen wachsen. Wenn im Gehege Futterpflanzen im Überfluss vorhanden sind, regulieren die Landschildkröten ihre Ernährung von allein.

Wasser muss immer angeboten werden

Als Trink- und Badestelle eignen sich Blumenuntersetzer ebenso gut wie spezielle und optisch schönere Schalen.

Was tun im Herbst und Frühling?

Im Frühling und Herbst ist es gar nicht so einfach noch frische Wildkräuter zu finden. In dieser Zeit kann man auch mal auf gewisse Salatsorten zurückgreifen. Aber auch hier gilt: Nicht immer ein und die selbe Sorte verfüttern, sondern Abwechslung reinbringen!

Endiviensalat

Endiviensalat

Romanasalat

Romanasalat / Römersalat

Rucola

Rucola

  • Romonasalat / Römersalat (Lactuca sativa)
    (ist wegen des guten Kalzium:Phosphor-Verhältnisses am besten geeignet!)
  • Endiviensalat (Cichorium endivia)
  • Catalogna (Riesenlöwenzahn)
  • Feldsalat (Valerianella)
  • Pflücksalat (Lactuca sativa)
  • Rucola-Salat (Rucola)

Nahrungsergänzung

Den einzigen Zusatz den Landschildkröten in menschlicher Obhut benötigen, ist Calcium! Im natürlichen Lebensraum nehmen die Tiere allein schon über die Pflanzen viel mehr Calcium zu sich, da diese schon durch die kalkhaltigen Böden wesentlich calciumreicher sind. Desweiteren finden sich in den Habitaten viele Schneckenhäuser und kleine Kalksteinchen, welche die Schildkröten immer wieder aufnehmen. Außerdem knabbern sie ab und an auch an Wildtierknochen.

Durch das Knabbern an Sepiaschalen, nutzen sich auch die Hornschneiden ab.

Durch das Knabbern an Sepiaschalen, nutzen sich auch die Hornschneiden ab.

Sepiaschalen sollten ausschließlich naturweiß (ohne Vitamin-Überzug) angeboten werden!

Sepiaschalen sollten ausschließlich naturweiß (ohne Vitamin-Überzug) angeboten werden!

In Menschenobhut müssen wir den Tieren somit auch zusätzlich Calcium anbieten, damit die Tiere einen gesunden und stabilen Knochen- und Panzerbau bilden können. Der beste Calciumlieferant sind Sepiaschalen. Diese sind die Rückenschulpe von Tintenfischen und enthalten über 40 % Calcium. Sie werden den Tieren zur freien Aufnahme angeboten. Schildkröten nehmen von alleine soviel auf, wie sie benötigen – also bitte nicht über das Futter streuen. Alternativ zu Sepiaschalen, kann man den Tieren auch zerstampfte Eierschalen oder Calcio-Reptin anbieten. Bei den Eierschalen ist es wichtig, dass diese zuvor etwa 10min abgekocht werden, da sich auf rohen Eierschalen eine sehr resistente Schutzschicht befindet, die eine Verdauung und Aufnahme durch die Darmschleimhaut fast unmöglich macht. Durch das Abkochen wird diese Schutzschicht größtenteils entfernt, sodass das aufgenommene Calcium auch ausreichend verwertet werden kann.

Ungeeignete Nahrungsmittel

Es gibt natürlich auch ungesundes und schädliches Futter, was auf keinen Fall verfüttert werden sollte. In vielen miserablen Büchern ist heute noch davon zu lesen, dass man gerade Obst verfüttern darf, was jedoch völliger Unsinn ist. Hier ist es wie mit der Schokolade bei Kindern – sie ziehen es auch lieber gesundem Gemüse vor und Schildkröten ziehen leckeres Obst oder Pellets logischerweise auch dem frischen Grün vor, was nicht automatisch heißt, dass es auch gesund ist!

Fleischprodukte

Fleischprodukte

Futtersticks/-pellets

Futtersticks/-pellets

Obst

Obst

  • Fertigfutter, Futtersticks, Pellets
    enthalten zu viel Eiweiß, was zu einem rasanten Wachstum führt und Organ- und Skelettschäden mit sich zieht.
  • Getreideprodukte
    zerstören die gesunde Darmflora, was einen Parasitenbefall begünstigt und die Verwertung stört.
  • Milchprodukte
    zerstören die gesunde Darmflora, was einen Parasitenbefall begünstigt und die Verwertung stört.
  • Obst
    zerstören die gesunde Darmflora, was einen Parasitenbefall begünstigt und die Verwertung stört.
  • Fleischprodukte
    führen durch die tierischen Eiweiße zu einem explosionsartigen Wachstum, was irreperable Folgen hat.
  • Vitaminpräparate
    sind bei der richtigen Ernährung nicht nur überflüssig, sondern können genauso Schäden anrichten, wie ein Mangel.
  • Gemüse (die meisten Sorten)
    zerstören die gesunde Darmflora, was einen Parasitenbefall begünstigt und die Verwertung stört.